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Schwerpunkte





Menschliche Sprache zeichnet sich durch ihre dreifache zentrale Rolle als Grundlage der zwischenmenschlichen Kommunikation, wichtiges kulturelles Übertragungsmedium und Vehikel der menschlichen Kognition aus. Nicht ohne Grund bildet die Sprache (griech. logos) das begriffliche Zentrum der Fakultät für Philo-logie. Die moderne Linguistik an der RUB versteht sich als Language Science, also als empirische Wissenschaft, die methodisch vielfältige Datenerhebungen mit statistischer und computerlinguistischer Analyse und rigoroser Theoriebildung vereint. Die Language Science nähert sich ihrer Forschungsdomäne Sprache unter Verwendung naturwissenschaftlicher Methodik und mit dem Ziel der theoretischen Modellierung der ihr zugrundeliegenden Phänomene und Prozesse.

An der Fakultät für Philologie der Ruhr-Universität untersuchen Forschende mit Hilfe von Experimenten vielfältiger Art, der Auswertung von Bild- und Tonaufnahmen oder computergestützten Analysen von großen Datenmengen sprachliche Phänomene wie den frühen und fortgeschrittenen (Schrift-)Spracherwerb, Hate Speech und Desinformation, grammatische Eigenschaften historischer Sprachstufen des Deutschen oder Sprecher*innen- und Adressat*innenwechsel in sprachlicher Interaktion. Basierend auf genauen Beobachtungen des sprachlichen Verhaltens entwickeln wir formale Modelle für visuelle Kommunikation und dynamische Kontextveränderungen sowie die Struktur von sprachlichen Ausdrücken im Allgemeinen und den Zusammenhang zwischen Struktur und Bedeutung. Methodologisch stärken wir die Weiterentwicklung der Digital Humanities mit Bezug auf sprachliche Daten. Auch die Schnittstellen der linguistischen Erforschung menschlicher Sprache zur Sprachphilosophie, Informatik und künstlichen Intelligenz stehen im Mittelpunkt von Forschungsinitiativen.


Drittmittelprojekte mit Bezug zum Forschungsschwerpunkt:

  • SFB 1475 Metaphern der Religion, div. Teilprojekte, https://sfb1475.ruhr-uni-bochum.de (Dipper, Scheffler)
  • „Multikontexte – Für einen angemesseneren Kontextbegriff in der formalen Se-mantik und Pragmatik“ (Heisenberg-Programm; Gutzmann)
  • „Information Management as a Factor for Syntactic Variation in the History of German“ (TP C6 im SFB 1102 Information Density and Linguistic Encoding, Uni Saarbrücken; Dipper)
  • „Virtual Common Ground: Language and Virtual Identity“ (TP D03 im SFB 1567 Virtuelle Lebenswelten; Scheffler)
  • „Transforming text across media“ (TP T01 im SFB 1287 Limits of Variability in Language, Uni Potsdam; Scheffler)
  • „w-Konnektoren: Theorie und Diachronie nebensatzeinleitender w-Elemente im Deutschen“ (DFG-Einzelprojekt, zus. mit Marco Coniglio, Uni Göttingen; Fuß)
  • „Semantics and Pragmatics of Emojis in Digital Communication“ als Teil des SPP “Visuelle Kommunikation“ (DFG-Einzelprojekt, zus. mit Patrick G. Grosz, Uni Oslo; Scheffler)
  • „High Performance Cluster“ (DFG-Großgeräteantrag, mitwirkende Fakultäten u.a. Biologie, Maschinenbau, Informatik; Kiss)


Mehrsprachigkeit ist ein wichtiges Merkmal unserer gegenwärtigen Gesellschaft und prägt auch das Ruhrgebiet, in dem Menschen aus unterschiedlichsten sprachlichen Hintergründen zusammenleben. Die durchgängig empirisch arbeitende linguistische Mehrsprachigkeitsforschung an unserer Fakultät, die vor allem in der Anglistik, Germanistik, Romanistik und Slavistik verankert ist, befasst sich insbesondere mit den folgenden Gegenständen:

  • Sprachgleichberechtigung bzw. -diskriminierung und -konflikten, mehrsprachigen Praktiken und der Rolle unterschiedlicher sprachlicher Kompetenzen sowie sprachlicher Diversität in verschiedenen gesellschaftlichen Kontexten und Institutionen,
  • Migrationssprachen, deren Entwicklung und Bedeutung für die Identität; ein besonderer Fokus vieler Forschungen liegt dabei auf dem Ruhrgebiet als superdiversem Mikrokosmos,
  • verschiedenen Typen von Minoritätensprachen und deren Erhalt bzw. Revitalisierung,
  • Entwicklung und Verhältnis von Varietäten einer Sprache im Sprachkontakt und als innersprachliche Mehrsprachigkeit.

An diese Forschungen knüpft der fachübergreifende forschungsorientierte Masterstudiengang „Empirische Mehrsprachigkeitsforschung“ an, an dem neben den genannten Fächern auch die TU Dortmund beteiligt ist.
Die linguistische Mehrsprachigkeitsforschung stellt außerdem einen Anschlusspunkt für Fragen rund um den Komplex des Lehrens, Lernens und Prüfens von Fremd- und Zweitsprachen dar, die an unserer Fakultät zum einen durch die fachdidaktische Forschung und Lehre, zum anderen durch die personelle Anbindung des g.a.s.t.-Instituts stark vertreten sind.

Drittmittelprojekte mit Bezug zum Forschungsschwerpunkt:

  • „Typen von Herkunftssprachen im Vergleich: Obersorbisch und Polnisch in Deutschland (Hospod).“ (DFG-Einzelprojekt, in Kooperation mit dem Sorbischen Institut Bautzen; Anstatt)
  • „Einstellungen zum Polnischunterricht in polnischsprachigen Familien in NRW (FamPol)“ (Auswärtiges Amt; Anstatt, Heck)
  • „Partizipative Translationswissenschaft. Heteroglossische Kommunikation aus Akteursperspektive“ (Mitglied im DFG-Netzwerk; Morgenthaler García)
  • „Professional School of International Education“ mit Schwerpunkt in Interkulturalität und Mehrsprachigkeit (PiStEn mit u.a. Graz, Quito, Oulu, DAAD-Förderlinie lehramt.international; Visser, Rothstein)


Nachhaltigkeit als zukunftsorientiertes Verhaltensprinzip ist, zumindest im alltäglichen Sprachgebrauch, zuerst auf die natürlichen Ressourcen fokussiert und mit ökologischen Fragen verbunden. Der Forschungsschwerpunkt denkt das Prinzip ganzheitlich und macht es für die Philologie anschlussfähig, wobei historische, literarische, sprachliche, ästhetische, mediale und didaktische Praktiken einer ‚kulturellen‘ Nachhaltigkeit adressiert werden. Nicht nur sondiert er historische Semantiken und Praktiken hinsichtlich ihres Fortwirkens bis in die Gegenwart, sondern lässt auch die Philologie als Praxis eines nachhaltigen Umgangs mit Tradition und Geschichte in Erscheinung treten. Im Fokus stehen Formen, Chancen und Probleme der nachhaltigen Erschließung und Verfügbarmachung kultureller Bestände angesichts der fortschreitenden Digitalisierung sowie überhaupt historisch wechselnde Praktiken geisteswissenschaftlichen Arbeitens in ihren materiellen und ökonomischen Bedingtheiten. Die erweiterte und historisch verlängerte Perspektive des Forschungsschwerpunktes ermöglicht die Untersuchung, ob und wie der Umgang mit natürlichen Ressourcen vor einer entsprechenden Begriffsbildung diskutiert wurde und wie ‚kulturelle‘ Nachhaltigkeit im Sinne von Tradition, Autorität, Autorisierung und Rezeption von der Antike bis zur Gegenwart verhandelt, angestrebt, verhindert und gesichert wurde und wird.

Drittmittelprojekte mit Bezug zum Forschungsschwerpunkt:

  • SFB 1475 „Metaphern der Religion“ (Ceres), div. Teilprojekte, https://sfb1475.ruhr-uni-bochum.de (Büssow, Glei, Simonis)
  • „Wissen – Glauben – Behaupten. Wahrheitsproduktion und Wahrheitsdurchsetzung in der Vormoderne (DFG Graduiertenkolleg; Sprecherin: Lechtermann; weitere Antragsteller*innen: Friede, Friedlein, Simonis, Weidle)
  • „Avicenna Live: The Immediate Context of Avicenna’s Intellectual Formation” (ERC Starting Grant; Lammer)
  • „Willehalm im Kontext – digital“ (DFG-Langfristvorhaben, zus. mit Prof. Dr. Lina Herz, Uni Hamburg; Bastert)
  • „Fahrradmedien. Analysen eines kooperativ bewegten Mediums“ (TP B09 im SFB 1187 Medien der Kooperation, Universität Siegen; Bee)
  • „Die Geschichte der philosophischen Psychologie in Russland: Von der Metaphysik der Seele zum Freiheitsreflex“ (DFG-Einzelprojekt; Plotnikov)
  • „Zwischen Wissensutopie und Archiv. Das Projekt einer ‚Enzyklopädie der künstlerischen Terminologie‘ an der Staatlichen Akademie für künstlerische Forschung in Moskau (1921-1930). Erschließung neuer Quellen.“ (DFG-Einzelprojekt; Plotnikov)
  • „Das ‚klingende Wort‘ als Kunst, Wissen und Medium. Institutionelle Verflechtungen der Literaturforschung der poetischen Performance in der frühen Sowjetunion“ (DFG-Einzelprojekt; Zolotukhin)
  • „Letters to the Sheikh: Political and economic transformations in the Indian Ocean World as reflected in the letters to the ‚Abrivin of al-Hamra‘ (Oman) during the long 19th century“ (DFG-Einzelprojekt; Büssow)
  • „Renaissance des māturīdischen kalāms im 12./18. Jahrhundert“ (DFG-Einzelprojekt; Schöck)
  • „Religiöses Säkulares in französischen und deutschen Texten des 12. Jahrhunderts // Sacred Secular. Religion and Secularity in French and German Literature of the 12th Century“ (Thyssen-Projekt, zus. mit Prof. Sarah Bowden, King’s College London; Friede)
  • „Frontier Cities during the Late Ottoman Period: The Case of Beersheba in a Comparative Perspective” (GHSt; zus. mit Yuval Ben-Bassat, Uni Haifa; Büssow)
  • „Komik und Behinderung im Schnittpunkt von Kultur-, Medien-, Sozial- und Bildungswissenschaften“ (Mitglied im DFG-Netzwerk; Pankratz)
  • „Philosophie in der islamischen Welt der Moderne“ (Mitglied im DFG-Netzwerk; Seidel)


Die Fachdidaktiken der Fakultät erforschen Unterricht für eine Gesellschaft, die multiplen Herausforderungen wie dem Klimawandel und der Gefährdung des demokratischen Miteinanders gegenübersteht. Sie entwickeln neue Perspektiven für eine Welt der Digitalität, Künstlichen Intelligenz sowie zunehmenden Diversität von Lernenden mit unterschiedlichen sprachlichen, kulturellen und sozioökonomischen Hintergründen, und fokussieren dabei auf die besondere Verantwortung, die den schulischen Sprachfächern zukommt. Die Ausbildung sprachlicher und medienbezogener Kompetenzen bildet die Basis für erfolgreiche Bildungsgänge und damit für selbstbestimmte und verantwortungsvolle Teilhabe an einer Gesellschaft, in der Handeln in hohem Maße sprachliches Handeln ist.

Angesichts globaler Transformationsprozesse erfolgt Forschung international und interdisziplinär und wird durch eine große Bandbreite auch außeruniversitärer Partner gefördert und mitgetragen. Zu den vertretenen Themen gehören u.a. Demokratiebildung und Partizipation, Ökologie, veränderte Unterrichtsformen in einer digitalen Welt, Trans- bzw. Interkulturalität, die mit der Entwicklung bildungssprachlicher und literarischer Kompetenzen verknüpft werden. Der Schwerpunkt verbindet die philologische Forschung mit internationalen fächerübergreifenden Bildungsprogrammen wie Global Citizenship Education und Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Drittmittelprojekte mit Bezug zum Forschungsschwerpunkt:

  • „MitSprache. Mitbestimmung durch SprachGewalten“ (Promotionskolleg der Hans-Böckler-Stiftung, zusammen mit Philologie, Erziehungs-, Sozial-, Arbeitswissenschaft aus RUB, UDE und Osnabrück; Sprecher: Rothstein, weitere Antragsteller*innen: Fuß, Morgenthaler García, Scheffler, Tuschling, Visser)
  • „Project Interact! Neue Formen der sozialen Interaktion mit intelligenten Systemen“ (BMBF, Sprenger, Tuschling)
  • „i-Funktionen“ (DFG-Netzwerk; Sprecher: Rothstein, weitere Antragsteller*innen: Gutzmann, Turgay)
  • „Professional School of International Education“ (PiStEn mit u.a. Graz, Quito, Oulu (DAAD-Förderlinie lehramt.international; Rothstein, Visser)
  • TESTEd (Towards a European Syllabus in Teacher Education)“, (EU-Projekt: Förderlinie Teacher’s academies, zus. mit u.a. Cork, Sevilla, Oulu, Braga; Rothstein)
  • „Interkulturelles Deutschlernen und -lehren“ (DAAD, Germanistische Institutspartnerschaft mit Kyjiw und Lyiv; Rothstein)
  • „Digitale Wege. GeHen“ (RAG-Stiftung; Rothstein)
  • „Betroffenheit durch LRS“ (Haniel-Stiftung; Rothstein)


Die Welt ist nicht gegeben, sondern Welten werden gemacht. Ausgehend von dieser Grundannahme fragt der Forschungsschwerpunkt nach Praktiken, Ästhetiken und Medien des Worldmaking. Er untersucht die Arten und Weisen, wie Welten durch symbolische Operationen, rhetorische Techniken, literarische Verfahren und performative Akte hervorgebracht werden, und nimmt zu diesem Zweck die medialen, technologischen und gesellschaftlichen Bedingungen solcher Welterzeugungen in den Blick. Das Spektrum der Themen und Zugänge im Schwerpunkt reicht von ästhetischen, kulturanthropologischen und (bewegt-)bildwissenschaftlichen Ansätzen über narratologische und texttheoretische Herangehensweisen bis hin zu Infrastrukturforschung und Medienökologie. Die Forschungsfragen betreffen die sprachliche, literarische, performative und mediale Verfertigung von Welten, ihre Darstellung, ihr Embodiment, ihre Kommunikation und Vermittlung durch Texte, Bilder, Filme, Aufführungen und Metaphern sowie die Historisierung des Worldmaking.

Drittmittelprojekte mit Bezug zum Forschungsschwerpunkt:

  • „Virtuelle Lebenswelten“ (SFB; Sprecher: Rieger, weitere Antragsteller*innen: Balke, Binczek, Lechtermann, Gaderer, Rothöhler, Schäfer, Scheffler, Sprenger, Tuschling)
  • „Das Dokumentarische“ (DFG Graduiertenkolleg; Sprecher: Balke, weitere Antragsteller*innen: Binczek, Deuber-Mankowsky, Etzold, Fahle, Rieger, Rothöhler, Schmitz-Emans, Tuschling)
  • „Late Ottoman Palestinians: Social and Cultural Dynamics in an Eastern Mediterranean Society during the Age of Empire, 1880-1920-LOOP“ (Consolidator Grant; Büssow)
  • „Dramaturgien im Zeichen der Gewalt“ (Emmy Noether-Gruppe; Gabriel)
  • „Historische Technografie des Online-Kommentars“ (TP des SFB 1472 Transformationen des Populären, Uni Siegen; Paßmann).
  • „Gathering: Eine transdisziplinäre Annäherung an Räume, Spuren und Praktiken des Gedenkens in Namibia und Deutschland“ (DFG-Einzelprojekt, zus. mit Kolleg*innen von Namibia University of Science and Technology; Gunkel)
  • „Graphic Feminisms from the Global South: Comparative Perspectives on Comics from the Arab Mediterranean and Latin America“ (VW-Projekt/Programm „Aufbruch – Neue Forschungsräume für die Geisteswissenschaften und Kulturwissenschaften“, zus. mit Dr. Rasha Chatta, FU Berlin; Wrobel)
  • „Hochschuldialog mit der islamischen Welt „Anā wa-ant [ich und du]“ (DAAD/Thyssen-Stiftung, zus. mit Uni Göttingen; Gökpinar)
  • „Gender, Medien und Affekt“ (Mitglieder im DFG-Netzwerk; Bee, Gunkel)
  • „Complicity: Enfoldings and Unfoldings” (Mitglied im DFG-Netzwerk; Steinhoff)
  • „Digitale Literatur” (Mitglied im DFG-Netzwerk; Walzer)
  • Christoph-Schlingensief Gastprofessur (Kunststiftung NRW; Lindholm)
  • DAAD-Gastlehrstuhl „Osteuropäische Kulturen in ihren Verflechtungsgeschichten“ (Slavistik)