24.11.2025
Die Fakultät für Philologie trauert um Prof. Dr. Hans-Jürgen Diller.
Hans-Jürgen Diller wurde am 1. Januar 1934 in Hamburg geboren. Sein Vater war Altgriechisch-Professor, die Mutter ebenfalls Altphilologin, und der Sohn besuchte das altsprachliche Gymnasium. Er trat aber nicht ganz in die elterlichen Fußstapfen. Anstatt Latein und Griechisch studierte er Englisch und Französisch, und zwar in Kiel, München, Besançon, Leeds sowie in Middletown, Connecticut.
Als Forscher entschied er sich zunächst für die Literaturwissenschaft. Der Titel der Dissertation, die von dem Münchner Shakespeareforscher Wolfgang Clemen betreut wurde, lautet Aspekte der poetischen Technik Lord Byrons. Auch in seiner Habilitationsschrift befasste sich Hans-Jürgen Diller mit einem literaturwissenschaftlichen Thema: den Formen der Rede in den Mysterienspielen des Spätmittelalters.
Die Beschäftigung mit der Metrik Lord Byrons weckte ein Interesse an Prosodie und Syntax und führte dazu, dass der Literaturwissenschaftler Hans-Jürgen Diller sich der Linguistik zuwandte. Seine erste Professur, die er 1969 in Gießen antrat, hatte die Denomination „Englische Sprachwissenschaften und Literatur des Mittelalters“. Im Jahr 1973 folgte der Ruf auf die Professur für anglistische Mediävistik an der Ruhr-Universität Bochum. Dort befasste er sich weiterhin mit Metrik und mittelalterlichem Drama, publizierte aber auch zu linguistischen Fragen der Übersetzung und zur Gattung der Zeitungskolumne. Sein zentrales Thema, das ihn auch in der Zeit nach der Emeritierung im Jahr 1999 immer wieder beschäftigte, war jedoch die historische Semantik; dabei ging es vor allem um die Lexeme, die sich auf Emotionen beziehen, also um ein interdisziplinäres und hochkontroverses Forschungsgebiet. Hans-Jürgen Dillers zahlreiche Arbeiten zu diesem Thema sind in dem 2014 erschienenen Band Words for Feelings: Studies in the History of the English Emotion Lexicon gesammelt.
Neben seiner Tätigkeit in Forschung und Lehre hat Hans-Jürgen Diller einen substanziellen Beitrag zur akademischen Selbstverwaltung geleistet. Er war Dekan der Bochumer Fakultät für Philologie sowie Prorektor für Lehre. Auch in der Verbandsarbeit hat er sich engagiert. Er war Vorsitzender des Anglistikverbandes, damals noch „Anglistentag“, und maßgeblich an der Gründung der European Society of the Study of English beteiligt; die Satzung dieses europäischen Verbandes stammt aus seiner Feder. Ein besonderes Anliegen war ihm der Austausch mit den Anglistinnen und Anglisten der Universität Krakau. Die Kooperation mit Krakau begann viele Jahre vor dem Fall des Eisernen Vorhangs und trug dazu bei, dass er als korrespondierendes Mitglied in die Polnische Akademie der Künste und Wissenschaften berufen wurde.
In einem Interview, in dem er zu seinem Spezialthema, den Emotionslexemen, befragt wurde, hat Hans-Jürgen Diller gesagt, dass seine eigene emotionale Intelligenz nicht besonders ausgeprägt sei. Das kann ich nicht bestätigen. Ich habe ihn als emeritierten Kollegen schätzen gelernt, der quicklebendig, meinungsfreudig und mit offenen Augen und Ohren ausgestattet war, als einen Menschen, der in sich selbst ruhte, aber auch für die Belange jüngerer Menschen Interesse zeigte.
Hans-Jürgen Diller ist am 13. Oktober 2025 gestorben. Er hinterlässt seine Frau Leticia, mit der er 63 Jahre verheiratet war, drei Kinder und zahlreiche Enkel und Urenkel.
Nachruf: Burkhard Niederhoff
Foto: Privat
Die Fakultät für Philologie trauert um Prof. Dr. Hans-Jürgen Diller.
Hans-Jürgen Diller wurde am 1. Januar 1934 in Hamburg geboren. Sein Vater war Altgriechisch-Professor, die Mutter ebenfalls Altphilologin, und der Sohn besuchte das altsprachliche Gymnasium. Er trat aber nicht ganz in die elterlichen Fußstapfen. Anstatt Latein und Griechisch studierte er Englisch und Französisch, und zwar in Kiel, München, Besançon, Leeds sowie in Middletown, Connecticut.
Als Forscher entschied er sich zunächst für die Literaturwissenschaft. Der Titel der Dissertation, die von dem Münchner Shakespeareforscher Wolfgang Clemen betreut wurde, lautet Aspekte der poetischen Technik Lord Byrons. Auch in seiner Habilitationsschrift befasste sich Hans-Jürgen Diller mit einem literaturwissenschaftlichen Thema: den Formen der Rede in den Mysterienspielen des Spätmittelalters.
Die Beschäftigung mit der Metrik Lord Byrons weckte ein Interesse an Prosodie und Syntax und führte dazu, dass der Literaturwissenschaftler Hans-Jürgen Diller sich der Linguistik zuwandte. Seine erste Professur, die er 1969 in Gießen antrat, hatte die Denomination „Englische Sprachwissenschaften und Literatur des Mittelalters“. Im Jahr 1973 folgte der Ruf auf die Professur für anglistische Mediävistik an der Ruhr-Universität Bochum. Dort befasste er sich weiterhin mit Metrik und mittelalterlichem Drama, publizierte aber auch zu linguistischen Fragen der Übersetzung und zur Gattung der Zeitungskolumne. Sein zentrales Thema, das ihn auch in der Zeit nach der Emeritierung im Jahr 1999 immer wieder beschäftigte, war jedoch die historische Semantik; dabei ging es vor allem um die Lexeme, die sich auf Emotionen beziehen, also um ein interdisziplinäres und hochkontroverses Forschungsgebiet. Hans-Jürgen Dillers zahlreiche Arbeiten zu diesem Thema sind in dem 2014 erschienenen Band Words for Feelings: Studies in the History of the English Emotion Lexicon gesammelt.
Neben seiner Tätigkeit in Forschung und Lehre hat Hans-Jürgen Diller einen substanziellen Beitrag zur akademischen Selbstverwaltung geleistet. Er war Dekan der Bochumer Fakultät für Philologie sowie Prorektor für Lehre. Auch in der Verbandsarbeit hat er sich engagiert. Er war Vorsitzender des Anglistikverbandes, damals noch „Anglistentag“, und maßgeblich an der Gründung der European Society of the Study of English beteiligt; die Satzung dieses europäischen Verbandes stammt aus seiner Feder. Ein besonderes Anliegen war ihm der Austausch mit den Anglistinnen und Anglisten der Universität Krakau. Die Kooperation mit Krakau begann viele Jahre vor dem Fall des Eisernen Vorhangs und trug dazu bei, dass er als korrespondierendes Mitglied in die Polnische Akademie der Künste und Wissenschaften berufen wurde.
In einem Interview, in dem er zu seinem Spezialthema, den Emotionslexemen, befragt wurde, hat Hans-Jürgen Diller gesagt, dass seine eigene emotionale Intelligenz nicht besonders ausgeprägt sei. Das kann ich nicht bestätigen. Ich habe ihn als emeritierten Kollegen schätzen gelernt, der quicklebendig, meinungsfreudig und mit offenen Augen und Ohren ausgestattet war, als einen Menschen, der in sich selbst ruhte, aber auch für die Belange jüngerer Menschen Interesse zeigte.
Hans-Jürgen Diller ist am 13. Oktober 2025 gestorben. Er hinterlässt seine Frau Leticia, mit der er 63 Jahre verheiratet war, drei Kinder und zahlreiche Enkel und Urenkel.
Nachruf: Burkhard Niederhoff
Foto: Privat
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Letzte Änderung: 24. Nov. 2025