08.12.2025
Literatur mitzuteilen und davon Spuren zu hinterlassen – dafür hat Gerhard Rupp Schule und Hochschule intensiv genutzt und zu Handlungsorten einer Überzeugung gemacht: dass Literatur etwas ist, was praktisch verhandelt werden soll und Teil einer Ausdruckskultur ist, die vom Privaten bis ins Politische reicht.
Das Studium der Germanistik, Romanistik, Pädagogik, Philosophie und Soziologie in Frankfurt a.M. verrät einiges über seinen Bildungsoptimismus. In Frankfurt wird er mit einer Arbeit über Nietzsches Rhetorik 1972 promoviert, 1976 wechselt er mit seinem didaktischen Mentor Harro Müller-Michaels von Bayreuth an die Ruhr-Universität. Er habilitiert sich hier 1984 mit einer Arbeit über Handlungs- und Produktionsorientierung, die wegweisend bis in die Lehrpläne und Abiturbestimmungen hinein geblieben ist. In der RUB ist er dann 1985-90 Professor für Sprachlehrforschung.
Wichtig wurde in dieser Zeit die legendäre Tagung in Dubrovnik 1987, die die Germanistik in eine Medienwissenschaft wandelte und wo Gerhard Rupp sich in der Fachwelt sichtlich wohl fühlte. Hans Ulrich Gumbrecht wurde als langjähriger Weggefährte gewonnen. Und Friedrich Kittler, so gar kein Freund des Schulwesens, raunte ganz beeindruckt, Gerhard Rupp würde ja sogar Graffiti auf Schülerbänken erforschen – also könne die Deutschdidaktik so verkehrt nicht sein.
Jedenfalls verfolgte Rupp immer wieder diese Fragen: Wie lassen sich die neuesten Perspektiven der Fachwissenschaft noch in die Schule bringen? Wie kann man Texten begegnen, sie szenisch bearbeiten oder in Filme übersetzen? Wie arbeiten die Schreibwerkzeuge mit an unseren Gedanken? Wie kann man solche Medienerfahrungen wieder in Texten beschreiben? Und wie kann man sich selbst eine Form geben in dem, was man mitteilt?
Solche Themen beschäftigen ihn auch in den dann folgenden Wanderjahren. Mit Professuren für NDL und Literaturdidaktik wechselt GR nach Bordeaux, wieder nach Frankfurt a.M., Hannover, ist dann länger in Düsseldorf, dort auch als Prorektor für Lehre. 2003 war die RUB schließlich dankbar, ihn mit all seinen Erfahrungen wieder an die Ruhr-Uni zurückverpflichten zu können, wo er die Nachfolge von Harro Müller-Michaels übernahm am Lehrstuhl für Neugermanistik und Didaktik bis 2013.
In dieser intensiven Zeit, in der die Umbrüche der Bologna-Reform mit dem akademischen Lehramtsstudium zu vermitteln waren, kamen uns Gerhard Rupps Weitblick, seine Gremienarbeit und internationalen Beziehungen vor allem zu didaktischen Kolleg:innen zugute. Er war jemand, der Probleme rasch einordnen konnte, Optionen klug gewichtete und pragmatische Wege vorschlug, der sachkundig sprach er als jemand, der immer für möglich hielt, dass andere auch mal recht haben könnten. Und der sich als Förderer mit großem Engagement für den wissenschaftlichen Nachwuchs zeigte – forschendes Lernen war an seinem Lehrstuhl gängige Praxis, etliche Nachwuchsakademiker haben davon profitiert.
Schließlich ermöglichte ihm ein hoch dotiertes Forschungsstipendium der VW-Stiftung in den letzten beiden Dienstjahren, ein opus magnum zu verfassen: Deutschunterricht lehren weltweit – Basiswissen für Master-of-Education-Studierende und Deutschlehrer und -lehrerinnen (2014) ist ein gewichtiges Panorama des didaktischen Wissens mit europäischen und globalen Aspekten. Die Buchpublikation fiel zusammen mit den großen Migrationsbewegungen der folgenden Jahre, und hier wurde Gerhard Rupp ganz praktisch aktiv, organisierte und erteilte Sprachunterricht für Geflüchtete und gab seine Erfahrungen in Vorträgen weiter. Ein weiterer Weg, nach der Emeritierung weiterzuarbeiten, war das Organisieren von Lesungen in der Literarischen Gesellschaft Bochum, die er bis 2022 mitgeleitet hat.
Die Fakultät für Philologie der RUB, der Gerhard Rupp ein Vierteljahrhundert angehört hat, trauert um ihn – und auch von weit außerhalb haben uns sehr wertschätzende und Anteil nehmende Grüße erreicht. Gerhard Rupp war nicht nur ein denkbar kompletter, wirkungsvoller Didaktiker und Fachwissenschaftler. Er war ein freundlicher und verbindlicher Kommunikator, Kollege, Bildungspraktiker und auch Freund, den wir nun vermissen.
Ralph Köhnen
Literatur mitzuteilen und davon Spuren zu hinterlassen – dafür hat Gerhard Rupp Schule und Hochschule intensiv genutzt und zu Handlungsorten einer Überzeugung gemacht: dass Literatur etwas ist, was praktisch verhandelt werden soll und Teil einer Ausdruckskultur ist, die vom Privaten bis ins Politische reicht.
Das Studium der Germanistik, Romanistik, Pädagogik, Philosophie und Soziologie in Frankfurt a.M. verrät einiges über seinen Bildungsoptimismus. In Frankfurt wird er mit einer Arbeit über Nietzsches Rhetorik 1972 promoviert, 1976 wechselt er mit seinem didaktischen Mentor Harro Müller-Michaels von Bayreuth an die Ruhr-Universität. Er habilitiert sich hier 1984 mit einer Arbeit über Handlungs- und Produktionsorientierung, die wegweisend bis in die Lehrpläne und Abiturbestimmungen hinein geblieben ist. In der RUB ist er dann 1985-90 Professor für Sprachlehrforschung.
Wichtig wurde in dieser Zeit die legendäre Tagung in Dubrovnik 1987, die die Germanistik in eine Medienwissenschaft wandelte und wo Gerhard Rupp sich in der Fachwelt sichtlich wohl fühlte. Hans Ulrich Gumbrecht wurde als langjähriger Weggefährte gewonnen. Und Friedrich Kittler, so gar kein Freund des Schulwesens, raunte ganz beeindruckt, Gerhard Rupp würde ja sogar Graffiti auf Schülerbänken erforschen – also könne die Deutschdidaktik so verkehrt nicht sein.
Jedenfalls verfolgte Rupp immer wieder diese Fragen: Wie lassen sich die neuesten Perspektiven der Fachwissenschaft noch in die Schule bringen? Wie kann man Texten begegnen, sie szenisch bearbeiten oder in Filme übersetzen? Wie arbeiten die Schreibwerkzeuge mit an unseren Gedanken? Wie kann man solche Medienerfahrungen wieder in Texten beschreiben? Und wie kann man sich selbst eine Form geben in dem, was man mitteilt?
Solche Themen beschäftigen ihn auch in den dann folgenden Wanderjahren. Mit Professuren für NDL und Literaturdidaktik wechselt GR nach Bordeaux, wieder nach Frankfurt a.M., Hannover, ist dann länger in Düsseldorf, dort auch als Prorektor für Lehre. 2003 war die RUB schließlich dankbar, ihn mit all seinen Erfahrungen wieder an die Ruhr-Uni zurückverpflichten zu können, wo er die Nachfolge von Harro Müller-Michaels übernahm am Lehrstuhl für Neugermanistik und Didaktik bis 2013.
In dieser intensiven Zeit, in der die Umbrüche der Bologna-Reform mit dem akademischen Lehramtsstudium zu vermitteln waren, kamen uns Gerhard Rupps Weitblick, seine Gremienarbeit und internationalen Beziehungen vor allem zu didaktischen Kolleg:innen zugute. Er war jemand, der Probleme rasch einordnen konnte, Optionen klug gewichtete und pragmatische Wege vorschlug, der sachkundig sprach er als jemand, der immer für möglich hielt, dass andere auch mal recht haben könnten. Und der sich als Förderer mit großem Engagement für den wissenschaftlichen Nachwuchs zeigte – forschendes Lernen war an seinem Lehrstuhl gängige Praxis, etliche Nachwuchsakademiker haben davon profitiert.
Schließlich ermöglichte ihm ein hoch dotiertes Forschungsstipendium der VW-Stiftung in den letzten beiden Dienstjahren, ein opus magnum zu verfassen: Deutschunterricht lehren weltweit – Basiswissen für Master-of-Education-Studierende und Deutschlehrer und -lehrerinnen (2014) ist ein gewichtiges Panorama des didaktischen Wissens mit europäischen und globalen Aspekten. Die Buchpublikation fiel zusammen mit den großen Migrationsbewegungen der folgenden Jahre, und hier wurde Gerhard Rupp ganz praktisch aktiv, organisierte und erteilte Sprachunterricht für Geflüchtete und gab seine Erfahrungen in Vorträgen weiter. Ein weiterer Weg, nach der Emeritierung weiterzuarbeiten, war das Organisieren von Lesungen in der Literarischen Gesellschaft Bochum, die er bis 2022 mitgeleitet hat.
Die Fakultät für Philologie der RUB, der Gerhard Rupp ein Vierteljahrhundert angehört hat, trauert um ihn – und auch von weit außerhalb haben uns sehr wertschätzende und Anteil nehmende Grüße erreicht. Gerhard Rupp war nicht nur ein denkbar kompletter, wirkungsvoller Didaktiker und Fachwissenschaftler. Er war ein freundlicher und verbindlicher Kommunikator, Kollege, Bildungspraktiker und auch Freund, den wir nun vermissen.
Ralph Köhnen
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Letzte Änderung: 08. Dez. 2025